Wir stehen heute nicht auf einer Kundgebung am jüdischen Denkmal, trotzdem wollen wir der Opfer gedenken, die hier in Einbeck und anderswo gestorben sind.
Auch in Einbeck wurde versucht eine Auslöschung des Judentums zu erreichen. Nach ersten geschichtlichen Hinweisen im Jahr 1298, wurden hier 15-16 Jüd*innen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Im 16. Jahrhundert wurden sie dann durch antijüdische Predigten der Kirche an den Pranger gestellt.
Einbeck war 1578 erstmals „Jüd*innenfrei“. Es dauerte dann fast 100 Jahre, bis sich hier wieder eine jüdische Gemeinde ansiedelte. Um 1800 errichtete die jüdische Gemeinde im Hinterhof in der Baustraße wieder eine Synagoge, in einem schlichten Fachwerkhaus. 1896 wird dann die größere Synagoge in der Bismarckstraße eingeweiht. Die Jüd*innen hinterlassen ihre Spuren in Einbeck mit Denkmälern, wie dem Aussichtsturm im Einbecker Stadtwald. Der Aussichtsturm wurde von der Gemeinde gespendet.
Durch die Machtergreifung der Nazis, wurde es auch in Einbeck schlimmer. Der Bürgermeister Dr. Hans Oehlmann wird 1933 abgesetzt, weil er sich weigert in die NSDAP einzutreten und die Jüd*innen zu stigmatisieren. Er wollte alle Menschen in seiner Stadt gleich behandeln.
Ab 1933, aber auch schon vor der Machtübernahme, stellen sich viele Einbecker Bürger*innen auf die Seite der neuen „Mächtigen“.
Wenige Tage vor dem 9.11. wird Einbeck wieder Garnisonstadt, das Artillerie-Regiment55 zieht unter klingendem Spiel und Kirchenglocken in Einbeck ein.
Am Tag der Grausamkeit, gedenkt die NSDAP ihrer Anfänge, wie auch dem gescheiterten Putschversuch 1923 in München. Nach dem Aufmarsch am Ehrenmal im Norden Einbecks, sitzen die Männer von SS und SA in ihrem Stammlokal am Marktplatz. Und dann brennt die Synagoge lichterloh. Viele Jahre wird behauptet, das die Einbecker SS und SA nicht dabei waren, was nicht stimmt. Die Nazis haben den Brand gelegt. Nachdem die Synagoge brannte und die Feuerwehr nur das Übergreifen der Flammen verhinderte, ging es in der Innenstadt weiter. Geschäfte wurden zerstört und geplündert, danach in Wohnungen das gleiche Spiel. Viele Menschen wurden verhaftet.
Nach der Pogromnacht begann wie in vielen anderen Städten in Deutschland auch, die intensive Verfolgung der Jüd*innen.
Es wurden Jüd*innenhäuser im Reinserturmweg errichtet, von denen die Jüd*innen später deportiert und getötet wurden. Bis Ende 1941 hatten 52 von insgesamt 68 Bürger*innen jüdischen Glaubens, die in Einbeck gemeldet waren, die Stadt verlassen. Mit dem Suizid von Frederike Winter am 6 März 1944, lebten keine Menschen jüdischen Glaubens mehr in Einbeck. Dieses schrieb der neue Bürgermeister gleich an die Gestapo-Stelle nach Hildesheim. Wortlaut „Einbeck ist endlich Judenfrei!“
Das war nur die Geschichte von Einbeck. In dieser Nacht wurde in Deutschland und Österreich systematisch mit Gewalt gegen Jüd*innen vorgegangen.
Dabei wurden vom 7.11-14.11 etwa 800 Jüd*innen ermordet, 400 davon in der Nacht vom 9.11 auf den 10.11.. Über 1400 Synagogen, Betstuben, Geschäfte, Wohnungen, Versammlungsorte und Friedhöfe wurden zerstört.
Ab dem 10. November wurden ca 30.000 Jüd*innen in Konzentrationslager inhaftiert. Das Pogrom markiert den Übergang von Diskrimierung der deutschen Jüd*innen seit 1933, bis zur systematischen Vertreibung und Ausrottung.
Schon 1935 war eine Welle antijüdischer Gewalt vorhanden, in dieser Zeit wurde auch die Rassenschande proklamiert, das traf vor allem von den Nazis bezeichnete „Mischfamilien“.
82 Jahre liegt dieser Hass und diese Hetze der faschistischen Partei NSDAP unter Adolf Hitler zurück, doch gelernt haben wir nicht. Genau dieser Hass von rechten Strukturen und rechtspopulistischen Parteien hat heute wieder Hochkonjunktur.
Kein Vergeben, kein Vergessen!
Erinnern heißt kämpfen!